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Im
Gegensatz zum Rock ‚n’ Roll, Rhythm and Blues oder Soul, ist
der Beat eine reine britische Entwicklung. Der Beat hat seinen
Ursprung in Liverpool. Die Stadt wurde im zweiten Weltkrieg
durch Deutschland weitestgehend zerstört und bis 1956/57 schossen
zahlreiche Tanzlokale und Jazzclubs in Liverpool aus dem Boden.
Zwischen alltäglichen Problemen, wie Wohnungsnot und Arbeitsplatzsorgen
fanden die Jugendlichen in diesem Umfeld ihr freizeitliches
Zuhause und bauten durch die Fülle der Clubs ihr musikalisches
Selbstvertrauen auf. |
Liverpool 1983 |
Lonnie Donegan heute
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In
England war zu dieser Zeit der englische Skiffle à la Lonnie
Donegan und Chris Barber aktuell. Diese Musik war einfach zu
spielen und die Auftrittsmöglichkeiten waren da: Man besorgte
sich ein Waschbrett vom Boden, baute einen Bass aus Teekiste,
Schnur und Besenstiel. Die akustische Gitarre lieferte 2-3 Akkorde
und über dieses legte man ein paar abgehackte Textfetzen. Des
weiteren machte der Rock ‚n’ Roll von Elvis Presley gerade alle
Teenager verrückt. |
Im
Rahmen des technischen Fortschritts findet die E-Gitarre Einzug
in die Popmusik. Es entwickelt sich aus diesen Einflüssen eine
hämmernde druckvolle Musik, in der nicht mehr der einzelne Sänger
im Vordergrund steht, sondern eine Band, zumeist aus vier Leuten
bestehend. Die klassische Besetzung sind 2 E-Gitarren, ein Bass
und Schlagzeug. Dieser Sound wurde in Anlehnung an den Fluss
durch Liverpool „Mersey-Beat“ genannt. |
Chris Barber und Band heute
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In diesem Liverpooler
Umfeld formten sich auch die Beatles (ursprünglich „The Quarrymen“),
die den Mersey Beat auch außerhalb der lokalen Grenzen von Liverpool
bekannt machten. Ihr Markenzeichen wurden der Haarschnitt (Pilzkopffrisur),
den ihnen die Fotografin Astrid Kirchherr ursprünglich verpasste
und natürlich die speziell für sie designeten schwarzen Anzüge ohne
Kragen. |
The Beatles Art Poster
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Der
Haarschnitt wurde zum Zeichen einer ganzen Generation. Herrenfriseure
verwiesen ihre jugendliche Kundschaft, die eine Beatlesfrisur
wollten an ihre langhaarkundigen Kollegen – die Damenfriseure. |
Fast gleichzeitig
formierten sich die Rolling Stones in London. Ihre Wurzel lagen
mehr in der schwarzen Musik, mit Vorbildern wie Bo Diddley, Little
Richard. Muddy Waters, Robert Johnson, sowie dem Vater des weißen
Blues „Alexis Corner“. Diese Musik fand in England bis dato
wenig Interesse. Laut Mick Jagger gab es drei Gründe dafür: Die
Musiker waren schwarz, alt und hässlich und eigneten sich somit
nicht als populäre Identifikationsfiguren. |
Diese änderte
sich schlagartig mit dem Auftauchen der Rolling Stones. Sie
bildeten sozusagen den negativen Gegenpol zu den als saubere
Jungs geltenden Beatles, die mit Lausbubencharme in ein gemeinsames
Mikro sangen.
Die
Stones galten als wild, frech und sexy und es kommt in den
sechziger Jahren zu einer Spaltung der Jugend in Beatles Fans
und Rolling Stones Fans. Man musste sich entscheiden; beides
zu sein war miteinander unvereinbar.Es
folgten englische Bands wie „The Animals“, Dave Clark Five“,
„The Kinks“ und „Gary and the Pacemakers“. |
Die "Rolling Stones" 1965 in einer
Fernsehshow
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In Deutschland
begann das Beatzeitalter ziemlich genau am 16.August 1960, als die
Beatles im „Indra Club“ in Hamburg für 4 Sets pro Nacht, 7 Tage die
Woche für 30 DM engagiert werden. Später traten sie ihren Siegeszug
im Starclub an, der als deutsche Keimzelle des Beats angesehen werden
kann. 1964 ist das Jahr der Beatlemania, aber das der Beat eine derartige
Massenbewegung wurde, hat viele Gründe. |
Die "Beatles" und die "Rattles"
im Starclub Hamburg
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Zum
einen nahmen die Medien sich des Themas bereitwillig an. Zum
anderen war nicht viel nötig um Beat auf die Bühne zu bringen.
Die meisten Stücke bestanden aus drei Akkorden, das Schlagzeugspiel
war einfach und mit der fortschreitenden Technik war es auch
Amateurbands möglich, einen guten Sound mit einfachen Mitteln
zu erzielen. Dieses führte zu einer hohen Zahl von Bandgründungen
und man traute sich Musik zu machen. Es entstehen
Bands wie The Germans, The Lords, The Buttlers, The Rattles,
The Lunics, The Crowds etc. |
Wichtig dabei
ist der "echt englische Name" und das man in englisch singt
ist eisernes Gesetz. Auch das Repertoire besteht fast ausschließlich
aus dem Material der englischen Vorbilder. Es werden von vielen
deutschen Clubs, zahlreiche Bandwettbewerbe veranstaltet,
im Starclub in Hamburg zum Beispiel der Wettbewerb „Wer spielt
wie die Beatles“.
Aber es ging
nicht nur um Musik. Es ging auch um lange Haare, das Outfit
und um das Gefühl der Rebellion, generell anders zu sein als
die „spießigen“ Eltern.
Der Beat hat
die Jugendsphäre so tief durchdrungen, wie es der Rock ‚n’
Roll in den Fünfzigern nie vermocht hätte. |
Der legendäre Starclub in Hamburg |
Die Scorpions heute
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Am
25 September 1965 kommt ins deutsche Fernsehen die erste Musiksendung
für Jugendliche, der „Beat Club“. Ausgestrahlt wird er einmal
pro Woche für eine halbe Stunde. Diese Sendung ist für viele
deutsche Bands Karrieresprungbrett und gab Bands wie The Rattles,
The Lords etc. eine etablierte Plattform.
Viele
Musiker haben in dieser Zeit angefangen Musik zu machen, die
später zu Stars wurden: John Weinzierl der mit „Amon Düül
II“ Ende der Sechziger für Furore sorgte oder Klaus Meine
mit seinen damaligen „Mushrooms“, der in den Siebzigern mit
den „Scorpions“ auch in den USA bekannt wurde. |
1966
läuteten die Beatles mit ihrem Song "All You Need Is Love"
das Ende des Beats ein und setzten mit dem ersten Konzeptalbum "Sgt.
Peppers Lonely Hearts Club Band" neue Standards in der Popmusik.
Die deutschen Band zerfielen reihenweise, da sie diese Standards nicht
halten konnten. Es begann das Zeitalter des Psychedelics und des ausgefeilten
Melodic Pops. |
Quellen:
- Neues Funkkolleg des WDR: Jugendkultur und Popmusik,
(C)1998/99 WDR
- POP 2000: 50 Jahre Popmusik und Jugendkultur in
Deutschland, (C) 1999 WDR
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