Schon länger haben Petra und ich versucht, einen Segelurlaub zu planen, in dem wir täglich auf einem schönen Revier Segeln können. Uns schwebte vor, Tagesausflüge zu machen, von denen wir abends immer wieder an den gleichen Ort zurückkehren können.
Gar nicht so einfach, diese Vorstellungen ohne eigenes Boot zu realisieren.
Im Sommer dieses Jahres sind wir auf die Segelschule des Deutschen Hochseesportverband Hansa e.V gestoßen. Wir waren sofort vom Segelrevier, als auch von der gesamten Anlage der Segelschule begeistert.
Also haben wir uns im Frühsommer kurzerhand entschieden ein Grundkurs beim DHH "Segeln auf dem Folkeboot" zu buchen.
Sonntag, den 31.08.2008
Wir
sind wir beim DHH in Glücksburg angekommen und waren sofort wieder begeistert vom dortigen Ambiente. Auch der Rundblick über den Hafen auf die Flensburger Förde hat uns gleich wieder fasziniert. Am Steg "Ostseebrücke" haben wir dann auch die Folkeboote entdeckt
Panorama über die "HYS Ostsee Brücke"
Am Nachmittag haben wir unser Zimmer bezogen. Nach einer Viertelstunde kam Hans in unser Zimmer und stellt sich als unser Trainer für die nächste Woche vor. Er verkündete uns, wir würden zur "Wache 4" gehören und diese merkwürdige Bezeichnung steht für eine Gruppeneinteilung, die noch aus der Historie der Yachtschule stammt. Des weiteren, sagte Hans, würde nach dem Abendessen das Kennenlernen der anderen Teilnehmer auf dem Programm stehen. Gut, denken wir, 'mal sehen was uns erwartet.
Wir stellten mit Erstaunen fest, dass wir insgesamt 6 Teilnehmer waren, die in der luxuriösen Lage
waren, durch eine Trainerin und zwei Trainer ausgebildet zu werden; nämlich durch Barbara, Hans und Jürgen.
Ansonsten waren wir ein bunt zusammengewürfelter Haufen:
Da waren zum einen Reiner und Christina.
Zwei Kollegen, die sich gut verstehen und beschlossen haben, diesen Segelkurs miteinander zu absolvieren. Beide sind schon auf Törns mitgesegelt und meinten, nur wäre die Zeit reif, auch selber einmal das Segeln zu lernen.
Die Dritte im Bunde war Kerstin, die immer gute Laune verbreitet hat.
Sie hatte schon längere Zeit Erfahrung im "Dickschiff segeln" und hat schon einige Törns mitgemacht. Somit hatte Kerstin die eine oder andere Geschichte auf Lager. Allerdings hatte sie bis dahin noch nie ein Schiff mit Pinne und ohne Motor gesegelt. Das wollte sie jetzt nachholen.
Dann hatten wir noch Klaus in unserer Runde.
Ein ruhiger Vertreter aus Braunschweig, der gerne in kurzer Zeit möglichst viel über das Segeln lernen wollte und sich auch schon einiges an Theorie aus Büchern angeeignet hatte.
Ach ja, zum Schluss waren da noch Petra und ich.
Zwei Segelmaniacs, die zwar wissen, wie man eine Jolle auf der Alster in Hamburg beherrscht, aber von Ostsee und Kielbooten noch nie so richtig etwas gehört hatten.
Abends in der "Navi-Bar", v.l.n.r. Barbara, Kerstin, Petra, Christina, Hans
Nach der Vorstellungsrunde hatten wir auf Anhieb einen ersten sympathischen Eindruck unserer 4
Mitstreiter bekommen, was uns zu dem Schluss kommen ließ, dass es bestimmt eine lustige Woche werden würde.
Alles in Allem ein guter Start und so beendeten wir den Abend in der "Navi-Bar" bei Rosi, die uns,
wie wir noch merken sollten, die ganze Woche hervorragend bewirten sollte.
Montag, 1. September 2008
Morgens 7:00 Uhr: der DHH Gong - Ein verzerrter Dreiklang, der jeden sofort senkrecht im Bett stehen ließ. An diesen „zarten Klang“ muss man sich wohl erst gewöhnen. Zeit zum Aufstehen und Frühstücken. Danach: rein in die Rettungswesten und 'runter zum Steg.
Aha,... so sehen also Folkeboote aus. Wofür sind eigentlich die ganzen Strippen??
Ob man die alle braucht ??.
Die sind bestimmt nur zur Zierde. Egal, Barbara und Co. werden schon aufpassen, dass wir an den richtigen Stellen ziehen. Ich fahre als erstes mit Barbara und Reiner. Die anderen verteilen sich auf die beiden anderen Trainer.
Reiner: ...so sehen also Folkeboote aus.
Barbara übernimmt das Kommando. Fock anschlagen (das ist das kleine Segel vorne), Reff ins Großsegel rein, Heckleinen los, mit der Vorleine nach vorne verholen und mit einem kräftigen Schubs den Dalben gegenüber erwischen. OK... hat super funktioniert. Nun das Großsegel hoch, dann rechts rum... ääääh, ich meine: über Steuerbord wenden und 'raus aus dem Hafen.
Ablegemanöver im DHH Hafen
So... das wäre geschafft.
Wie hält man ein Boot auf Kurs?
Ich war der festen Überzeugung, das Boot fährt riesige Schlangenlinien. Irgendwie reagieren Kielboote doch anders als Jollen. Wieso sind eigentlich die Wellen in der Förde so hoch und wieso ist Windstärke 5 hier eigentlich mehr als auf der Alster ???
Barbara behauptete, dass es nur eine Gewöhnungssache ist. Die Gewöhnungssache dauerte ungefähr eine halbe Stunde und danach fuhr das Boot mit Konzentration auch gerade.
Dann Übernahme der Pinne durch Reiner. Er schien sichtlich Spaß am Segeln zu haben. Nachdem auch er etwas Gefühl für das Boot bekommen hat, bekam er erst glänzende Augen und nach ein paar weiteren Minuten war das „W“ für Wahnsinn in seinen Augen deutlich sichtbar.
Jetzt zurück zum Steg und auf zum Mittagessen. Vor dem Essen hatte unsere Trainercrew allerdings noch eine klitzekleine Unterrichtseinlage eingeschoben.
Dieses notwendige Übel nennt sich "Knoten lernen" und man muss es einfach können.
Schotstek, Palstek, Achtknoten, Kreuzknoten, Belegen an der Klampe… Ob man das wirklich alles braucht?
Unsere 3 Trainer behaupteten steif und fest: "Ja! Das muss sein." Gut, dann lernen wir das eben. Hauptsache es gibt keinen Knoten im Hirn.
Barbara, Klaus und Reiner: Wie belegt man doch gleich an einer Klampe?
Nach dem Mittagessen ging's wieder auf's Wasser. Reiner und ich hatten genau so viel Spaß wie am Morgen. Leider war der Nachmittag viel zu schnell um. Also: Einlaufen in den Hafen, Boot in die Box verholen, abbauen, Segelklamotten aus und… „GONG“: ab zum Abendessen.
Klaus und ich: Tagesnachbereitung in der Navi-Bar
Nach der Stärkung der gemütliche Teil des Tages: „Apres-Sail“ bei Rosi in der Navi-Bar. Hier haben wir die Erlebnisse bei ein, zwei, drei… Bierchen noch einmal Revue passieren lassen. Alles in Allem ein gelungener Tag. Reiner sagte: Das wäre der reine Wahnsinn gewesen. So kann die Woche weitergehen.
Dienstag, 2. September 2008
Morgens 7:00 Uhr: Der DHH Gong hatte auch diesen Morgen nicht mehr Charme als gestern. Also: Aufstehen und Frühstücken. Danach wieder 'rein in die Rettungswesten und 'runter zum Steg.
An unserem zweiten Tag wurden wir alle wieder bunt gemischt und auf die Boote verteilt. Ich fuhr diesmal mit Jürgen und mit Klaus. Der Wind war kräftig und nach Fock anschlagen, Heckleinen los, nach vorne verholen und dem kräftigen Schubs an den Dalben ging's wieder aus dem Hafen 'raus. Aber irgendetwas war anders.
Haben wir nicht was vergessen ??
Auf einmal meinte Jürgen: „So, nun lasst uns ‚mal reffen bevor der Wind stärker wird.“
(Wusste ich doch, dass wir etwas vergessen hatten.)
„Wie ?? ..“, meinte ich, „hier jetzt auf See?“
„Na klar“, sagte Jürgen, „dass ist ein ganz normales Manöver auf See und das machen wir jetzt einfach 'mal. Außerdem kann das im Hafen jeder.“
Hmm… das hatte ich so nicht erwartet, aber gut… dann 'mal in den Wind gehen. Das Bötchen machte ganz schön Krängung und ich hatte erst einmal Bedenken, ob so’n Kielboot auch weiß, dass es dafür gebaut ist, bei dieser Windstärke nicht zu kentern. Ich bin halt eine Jolle gewohnt.
Ich wollte erst die Schoten fieren, aber Jürgen sah das anders: „Ooooch jetzt mach‘ ‚mal ‘rum… das bisschen „Winschen duschen“ kann das Bötchen wohl ab.“ Und schon schob er die Pinne ‚rum. Ich dachte nur Huuch…. und sah mich schon im Wasser. Aber nix passierte. Also, bei 'ner Jolle hätten wir jetzt alle auf‘s Schwert steigen müssen.
Die Einfahrt des DHH Hafens : Ungerefft 'raus - gerefft wieder 'rein
Das Boot lag jetzt nahezu im Wind und nun ging's los: Segel halb runter, Reffkausch in den Haken 'rein, Großsegel durchsetzen und dann das neue Unterliek ziehen. Reffbändsel locker zusammenbinden…-. Neeiiin: Jürgen wollte keinen normalen Kreuzknoten. Er wollte gerne einen "doppelt auf Slip gelegten Kreuzknoten". Häää..? Was ist das denn?? Im normalen Sprachgebrauch heißt das Ding auch "Knoten mit Schleife", …das Ding zum Schuhe zubinden sozusagen. Der Grund war einsichtig: man bekommt diesen Knoten bei Bedarf schneller los.
Aussicht von der "Ostsee Brücke": Sicht bis nach Dänemark
Nach dieser Aktion hatten wir wieder einen schönen Segeltag mit allen Manövern wie Wende, Halse und Mensch-über-Bord-Manöver. Es hat wieder einen Heidenspaß gemacht.
Nach dem Abendessen trafen wir uns wieder bei Rosi in der Navi-Bar und haben auch diesen Tag ausführlich (bei ein, zwei, drei Bierchen) nachbereitet. Begeistert waren wir alle.
Kerstin meinte lachend, dass sie die Pinne jetzt auch in die richtige Richtung drücken würde. Dazu muss man wissen dass, auf 'ner Jacht mit Steuerrad eben "Steuern nach Backbord" = "Fahren nach Backbord" bedeutet.
Bei der Pinne ist im Gegensatz dazu "Steuern nach Backbord = "Fahren nach Steuerbord".
Diese Erkenntnis kam noch rechtzeitig genug und so blieb die von uns befürchtete Meldung in der Lokalpresse "Seglerin auf Folkeboot versenkt Jacht in der Flensburger Förde" aus.
gruppeninterne Kommunikation in der "Navi-Bar", v.l.n.r. Jürgen, Klaus, Kerstin, Petra, Hans